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Ein echtes Weihnachtserlebnis

20. Dezember 2016

Ein echtes Weihnachtserlebnis

Glück auf- Weihnachten im Erzgebirge

Gerade in der Weihnachtszeit sehne ich mich nach der Heimat. Denn ich bin im Erzgebirge geboren und aufgewachsen. Dresden ist eine schöne Stadt und ich möchte es nicht mehr missen hier zu wohnen und zu sein, aber zu bestimmten Zeiten fehlt etwas.

In Dresden ist die Weihnachtszeit auch schön, keine Frage. Aber es ist nichts im Vergleich zum Erzgebirge. Kleine schmale Gassen sind in den Wintermonaten in ein helles, warmes Licht getaucht. Wenn dann noch Schnee liegt fühlt man sich wie im Märchen. Wie in einem Wintermärchen. Die Familien versammeln sich vorm Kamin, Kochen zusammen, Essen zusammen und erzählen sich Geschichten von früher. Es werden Geschichten vorgelesen und auch gesungen. Weihnachten im Erzgebirge ist eine gemütliche und besinnliche Zeit. Immerhin ist es eine dunkle Jahreszeit.

Ursprung der Bergmänner und Engel in den Fenstern

Die hell erleuchteten Straßen, Gassen und Häuser haben einen lang zurück liegenden Ursprung. Nicht umsonst ist das Erzgebirge dafür bekannt. Die Lichterfiguren wie Bergmänner und Engel kommen aus Zeiten des Bergbaus. Mit den Figuren stellen die Bergmänner sich selbst und Ihre Sehnsucht nach Licht in der dunklen Jahreszeit dar.  Besonders in den Wintermonaten ist es nicht nur dunkel wenn der Bergmann zur Arbeit geht sondern auch wenn er wieder nach Hause geht. Das Licht ist ein Symbol für Gesundheit und Leben. Die Arbeit unter Tage war schwer und gefährlich. Bei vielen ehemaligen Bergleuten zeigen sich die gesundheitlichen Schäden erst im Alter. Und gerade weil die Arbeit unter Tage so gefährlich war schallte der alte Bergmannsgruß durch die Jahrhunderte: „Glück Auf, Glück Auf“!

Um dem heimkehrenden Bergmann den Weg zu erhellen und die Nacht zu verkürzen, stellte seine Familie einen geschnitzten Lichterbergmann ins Fenster. Diese Tradition hält bis heute an. Und so erfährt man besonders im Erzgebirge eine wohlige Wärme wenn man zur Weihnachtszeit im dunklen die Straße entlang läuft. Von weiten kann man zum Beispiel Schneeberg in einem wundervollen Lichterglanz strahlen sehen.

Früher wurde für jeden Jungen in der Familie ein Bergmann und für jedes Mädchen ein Engel ins Fenster gestellt.

“Neinerlaa” –zu Deutsch, Neunerlei

Ein weiterer Brauch im Erzgebirge ist das Neunerlei. So hat jeder der neun Speisen seine Bedeutung.

  • Bratwurst steht für Glück, Kraft und Wohlstand
  • Sauerkraut steht für die Gesundheit im neuen Jahr
  • Linsen symbolisieren das “Kleingeld” im neuen Jahr
  • Klöße symbolisieren das “große Geld” im neuen Jahr
  • Gans, Schweinebraten und Kaninchen stehen für Glück
  • Kompott zeigt die Freude am Leben
  • Semmelmilch mit Nüssen stärkt die Familie
  • Sellerie dient der Fruchtbarkeit
  • Brot und Salz steht für die Gastlichkeit und Herzlichkeit der Familie

Allerdings variiert das Neunerlei von Familie zu Familie und von Ort zu Ort. Bei viele Familien existiert es nicht mehr in dieser Form. Bei uns gibt es am Heiligen Abend seit viele Jahren Roladen mit grünen Klößen und Sauer- oder Rotkraut. Die leicht grüne Farbe kommt dabei zustande, dass ein Teil gekochte und zwei Teile rohe Kartoffel zu einem Kloßteig gemischt werden.

Wenn Ihr also einmal die Möglichkeit habt Weihnachten im Erzgebirge zu verbringen, dann lasst euch von der Freundschaftlichkeit und der warmen Art der Erzgebirgler verwöhnen. Ab dem 1. Advent könnt Ihr die Straßen, Gassen und Häuser in einem Sonnenähnlichen warmen Licht erleben. Noch besser Ihr sucht euch eine Pension in der ein Kamin steht, dann ist die Winterzeit perfekt.

Der Dialekt im Erzgebirge- erzgebirgischen Mundart

Ja, für Menschen die nicht aus dem Erzgebirge stammen klingt unser Dialekt schon etwas merkwürdig. Ich selber merke das erst jetzt so richtig. In Dresden gewöhnt man sich schnell das Sächsisch an. Am Anfang als wir hergezogen sind war es irgendwann eine Mischung aus beiden. Muss sehr lustig geklungen haben. Ich selbst spreche kaum noch erzgebirgisch, außer ich bin mal wieder längere Zeit dort oder spreche mit Freunden oder Leuten von dort. Dann kommt es doch ab und an nochmal durch.

Die erzgebirgische Mundart ist kein einheitlicher Dialekt. Es gibt demnach auch keine einheitliche Schriftsprache. Im Erzgebirgischem werden viele Dinge verniedlicht und damit oft eine besondere Verbundenheit zum Ausdruck gebracht. So nennt der Erzgebirgler zum Beispiel sein Haus liebevoll “Heisl” oder einen Jungen „Gung“, Mädchen werden liebevoll „Mad“ genannt. Ich finde tatsächlich, dass Erzgebirgisch eine liebevolle Sprache ist, bzw. dass diese die freundliche Art der Erzgebirgler zum Ausdruck bringt. Aber lest selbst…

Weihnachten im Arzgebirg
(1991)

Weihnachten im Arzgbirg – wie klingt dos schie!
War bluß dra denken tut, dan is es wie,
als schnuppert er Weihrichduft in seiner Nos,
als schmecket er Stolln und gebratene Hos,
als säß er an Heilign Obnd ben Neinerlaa,
als könnt er dan Lichterglanz ümedüm sah,
als säch er in Fanster es Bargmannl stieh
un Engel un Terk un de Peremett gieh,
als häret er Blosen von Turm un von weiten
vu irgndwuhar hall aah de Kirchnglocken laiten,
als säch er ne Wald un de Haisle verschneit
un Sterle ubndrüber wie e Schwibbugn su weit…
Weihnachten im Arzgebirg, hast kaum gedacht,
un schu hot vür Fraad dir es Herz gleich gelacht!

Ich hoffe ich konnte euch das Erzgebirge ein bisschen näher bringen und euch auch noch ein bisschen auf Weihnachten einstimmen. Es soll ein schöner Abend sein, mit Familie und Freunden.

Habt Ihr besondere Traditionen? Wo verbringt Ihr Weihnachten?

Ps. Danke an meinen Weihnachtsengel für die tollen Bilder <3       

 

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2 Kommentare

  1. Super, dieses Neunerlei… Ich will jetzt ein saftiges Kaninchen verspeisen. MMmhhhh, leggor.
    Macht voll Weihnachtsstimmung!
    Auf Wunsch meiner Wenigkeit 🙂 gibt es bei uns am Weihnachtsabend auf jeden Fall einen Braten vom Flugtier. Bloß nicht sowas wie “nur” Kartoffelsalat.
    Ich habe eine kleine Familie, Heiligabend gibt es nur mit meinen Eltern und mir. Selbst die Großeltern sehe ich nur kurz am zweiten Feiertag. Das ist bei uns so. Familie heißt bei uns wirklich nur “wir drei” 🙂

    Eine regionale Kolumne, wie schön.
    Fröhliche Weihnachten an alle

    • Danke liebe Lisa für deinen Kommentar. Also bei meinen Schwiegereltern gibt es am Weihnachtsabend tatsächlich nur Wiener mit Kartoffelsalat. Die Gans gibt es dann zu den Feiertagen. Und der 24.12 ist bei uns quasi etwas geteilt, erst jeder mit der Familie und später treffen wir uns alle (Freunde, Bekannte) und verbringen einen schönen Abend zusammen. Lg Dany

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