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Himmelbett

3. Februar 2018

Himmelbett

Vor einigen Jahren ist das Schlimmste passiert was einem Menschen passieren kann. Denn du wurdest mir weggenommen. Entrissen. In dem Moment ist etwas zerbrochen. Ich hab es gespürt. Jetzt viele Jahre später fühlt es sich geheilt an. Aber der Schein trügt. Es sind lediglich die Scherben, die zusammengeklebt wurden. Aber es fehlen immer noch Teile. Teile, die ich immer noch Stück für Stück finde. Ich klebe weiter. Das werde ich immer tun. Denn das hättest du nicht gewollt. Ich hatte alle Hoffnungen. Habe nie gesehen wie schlimm es wirklich ist. Bis zu jenen Tag. Da standst du nun vor mir. Kahl. Nackt. Du hast alles Offenbart ohne zu wissen, dass ich da stehen würde. Es hat so schrecklich gebrannt in meiner Brust, in meinem Herzen. Was hätte ich noch tun können? Ich hab es gesehen, den Schmerz. In deinen Augen. Die Angst. Als hätte in diesen einen Moment jemand die Wahrheit ausgesprochen. Als hätte jemand zwischen uns gestanden und mir leise ins Ohr geflüstert, dass das die Wahrheit ist. Keine Perücke mehr. Kein Verstecken. Nackt.

Ich habe es verdrängt. Ich konnte nicht damit umgehen. Nicht damit. Mit einem einzigen Wimpernschlag war alles so nah. Und so real. Uns trennten nur ein paar Schritte. Bis ich wieder Kilometer daraus machte. Aus Angst. Angst vor der Nutzlosigkeit. Angst vor meinen Gedanken. Ich wollte da sein, das wollte ich wirklich. Aber ich hatte Angst es könnte das letzte Mal gewesen sein. Das konnte ich nicht zulassen. Und so hast du weitergelebt. Ein Brief. Und noch einer. Und dann, plötzlich Stille. Ich habe jedes Wort verstanden. Jede einzelne Zeile und ich wusste was zu tun ist. Ich wusste, was richtig ist. Aber ich habe nichts gemacht. Ich habe einfach weiter gemacht. Gelebt. Und du. Du bist gegangen allein. Denn ich war nicht da. Ich hab es verdrängt. Ich wollte es nicht wahr haben. Wir haben doch noch so viel Zeit.

Als ich an diesen Morgen aufwachte, wusste ich, dass etwas nicht stimmt. Der Himmel war grau und bewölkt. Aber kein Regen. Nur Nebel. Überall Nebel. Ich wusste was zu tun ist. Ich hatte es schon zu lang aufgeschoben. Mechanisch griff ich zum Hörer. Ich wählte die Nummer, die ich schon so viele Male gewählt hatte. Tut … Tut … mein Herz fing an zu rasen. Die Angst spiegelte sich in meinen Augen wieder. Jemand nahm ab. » Hallo, ich bins. « Hörte ich mich selbst sagen und hätte am liebsten sofort wieder aufgelegt. Aber es war zu spät. » Wie geht es dir? « Fragte er und ich spürte an seiner Stimme, dass etwas nicht stimmte. » Gut, danke und dir? « Sprich es aus, dachte ich. Sag es. Reiß das Pflaster ab. Vielleicht tut es dann nicht ganz so weh. » Daniela? Ich muss dir etwas Trauriges sagen. « Seine Stimme klang verzweifelt. Ängstlich. Anders als sonst. Und ich, ich schwieg und wartete. » Sie ist heut früh eingeschlafen. « BOOM – der Hörer knallte auf den Boden. Mit diesen Worten zerbrach meine Welt. Und mein Glaube an Hoffnung und Liebe. Das kann nicht sein, das darf nicht sein. Nicht so und nicht jetzt. Ich spürte wie sich mein Hals verengte. Tränen stiegen in mir auf. Aber sie flossen nicht. Ich konnte nicht. Ein Stein. Hart wie ein Stein. Vor meinen geistigen Augen zischten Bilder an mir vorbei wie in einem Film. Als hätte jemand die Vorspultaste gedrückt. Immer schneller. Und dann drehte sich alles.

Ob es sich so anfühlte, wenn man angeschossen wird? Ich weiß es nicht. Für mich war nach diesem Moment nichts mehr wie es vorher war. Zerstört. Einfach alles. Verdrängung. Er musste sich irren. Nein, du bist noch da. Du bist nur weggegangen. Ich werde nicht weinen, weil es keinen Abschied gab. Keinen Abschied für immer. Der Sarg wurde in die Erde gelassen und ich flehte die ganze Zeit. Bitte Klopf. Klopf einfach gegen das Holz und ich werde dich befreien. Ich werde es hören, egal wie leise. Und es wurde still um mich herum. Dunkel und still. Doch da war nichts. Kein Wort. Nichts. Nur ein bisschen Holz. Und ein paar Menschen. Und ich. Aber du, du warst nicht da. Und das nur, weil ich nicht da war. Weil ich nicht zwischen den Zeilen gelesen habe. Weil ich dich im Stich gelassen habe. Weil ich dich nicht retten konnte. Und weil ich dich so unendlich liebe. Schmerzen. Unglaubliche Schmerzen. Keiner kann es sehen. Alles ist zerbrochen. In mir.

Mein Kopf tut weh und ich möchte schlafen. Denn wenn ich Träume dann sitzen wir gemeinsam im Garten und schauen den Blumen beim Wachsen zu. Hören den Wind und die Vögel und genießen das Leben. Und du bist glücklich. Und ich fühle mich Zuhause, weil du mein Zuhause bist.

Nehmt euch so viel Zeit wie ihr könnt mit euren Liebsten, denn es wird der Moment kommen an dem Ihre Seele auf eine neue Reise geht. Erfreut euch an jeden Moment, an jedem Erlebnis auch wenn es noch so klein und unscheinbar erscheint. Das werden die kleinen Dinge sein, an die du dich erinnerst. Aus diesen Bildern wird dieser Film bestehen, der sich vor deinem geistigen Auge abspielen wird! Sammle sie alle, so viele du kannst. Und laufe nicht weg, hab keine Angst. Geh nie im Streit schlafen, küsst euch und sagt „bis gleich“, denn man kann nie wissen. Lebe, Liebe und Lache – jeden Tag!

Als ich diese Zeilen geschrieben habe, war es dunkel und neblig. Es geht mir gut. Aber es gibt immer wieder Momente, ein Lied, eine Erinnerung die mich zurück wirft in die Vergangenheit. Dort wo der Schmerz ist, denn ich einst zurück gelassen habe. Aber es geht mir gut. Denn ich weiß, dass es dir gut geht.

PS. Seit diesen Tag habe ich eine Telefon-Phobie.

2 Kommentare

  1. Liebe Dany, ich kann nachvollziehen wie es dir in diesem Moment ging und wie es sich angefühlt hat. Fühl dich gedrückt.

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